Ich weiß nicht mehr, wann mein erstes Mal mit Hannes Richert war. Es ist sicher schon einige Jahre her und es war sicher intensiv – sonst wäre ich wahrscheinlich nicht bis heute kleben geblieben. Und ich vermute daher, dass es sicher auch ein Werk mit mehr als einem Bild war, also ein ganzer Comicstrip.

Aber ich mag mich auch irren. Denn die Geschichten des Berliner Cartoonzeichner sind ohnehin länger als die bloße Folge der gezeichneten Bilder. Ähnlich wie die Comics von Katz und Goldt gehört immer auch ein Vorwissen zu gewissen Milieus dazu, um sie in der Gänze zu verstehen. Es gibt eine wahrnehmbare Tiefe, auch wenn ich glaube, dass beide diese abstreiten würde. Es ist Alltag dargestellt, der manchmal übertrieben wirken mag, aber die Wahrheit ist davon wahrscheinlich nicht sehr weit entfernt.

Hannes Richert spielt mit Rollen

Wofür ich Hannes Richert besonders mag, ist sein durchaus derber Humor, der aber wirklich nie unter der Gürtellinie ist. Es gibt keine Schenkelklopfer, keinen gepflegten Altherrenwitz – nicht mal wenn es um Penise geht. Er sucht das Besondere im Banalen, unterstreicht diese Banalität gleich mehrfach und gibt ihr die Aufmerksamkeit, die sie verdient hat – auch wenn es um Penise geht. Hannes Richert spricht die Sprache der Straße. Und warum ich ihm manchmal gern einen Heiratsantrag machen möchte: Er mag auch Rollenspiele.

Die Figuren entsprechen oft nicht dem zu erwartenden Klischee, obwohl ihr Verhalten keinesfalls unerwartet ist. Wenn Mütter wie Väter scheitern, Frauen dem Mann die Butter vom Brot stehlen oder dich bauernschlaue Kinder hinter das Licht führen – auf die charmanteste Art und Weise bleibt selbst die absurdeste Geschichte angenehm normal. Immer wieder schön sind auch jene Momente, in denen die vermeintliche Elite zurück auf die Straße getrieben wird, um sie – nun der lächerlichen Öffentlichkeit preisgegeben – zu entzaubern.

Und vielleicht fühlst du dich selbst ein wenig dabei ertappt, dass auch deine Gedanken manchmal in ganz verrückte Richtungen kreisen, du nicht weit weg bist von Banalität, Pöbel und Penis. Im besten Fall bist du hier natürlich bereits zu Hause.

Ich will mehr

Es gibt inzwischen zwei Bücher (Comics für den gehobenen Pöbel, 2018, Edition Moderne; Die Party ist nicht vorbei, 2021, Edition Moderne), die sich auch hervorragend als Geschenk eignen. Neue Comics gibt es unter anderem in der Satirezeitschrift Titanic und dem Berliner Stadtmagazin Zitty. Und auf Facebook und Instagram gibt es eine tägliche Dosis dieser Heiterkeit, die zumindest mir dabei helfen, um den absurden Alltag zu überstehen. Die Heimseite von Hannes Richert mit Shop ist www.hannnesrichert.de.

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