Locas in Love ist eine Band aus Köln, die versucht ihren Songs ein Gewicht zu verleihen. Es sind starke Texte, deren Inhalt oft sehr absolut ist und ich trotzdem kein Problem habe, ihnen beizupflichten, weil sie wahr, schön und gut sind. Vielleicht brauchte es sogar Köln. Die Begegnungen in der Stadt sind zwar immer sehr herzlich, aber fühlen sich manchmal auch oberflächlich an – was Einheimische selbstverständlich bestreiten. Womöglich gab es einen ganz natürlichen inneren Drang, eben an diesem Ort eine Verbindlichkeit herzustellen, ohne dabei die durchaus beneidenswerte Leichtigkeit zu verlieren.
Und selbst mit diesen Maßstäben hat die Band mit „Use your Illusion 3&4“ im Jahr 2015 ein echtes Brett hingelegt. Es gehört zu jenen Alben, die ich gern von Anfang bis Ende durchhöre, weil es mich auf eine musikalische Reise mitnimmt. Und diese Reise gewinnt an Intensität, wenn ich sie nicht allein, sondern mit einem besonderen Menschen unternehme. Es ist Musik, um sich Händchen haltend auf’s Bett zu legen und Gedanken versunken an die Decke zu starren.
Ob die Beziehung romantischer oder freundschaftlicher Natur ist, das spielt übrigens keine Rolle. Aber es sollte ein Mensch für sonnige und trübe Tage sein, dem du überallhin folgen würdest, dem du bedingungslos glaubst und mit dem du bereit wärst für eine Revolution – den ganz großen Umsturz!
Die Songs wanken zwischen Protest und Resignation, zwischen Klarheit und Unsicherheit. In „Teenager“ verteidigt Sänger Björn Sonnenberg sein eigenwilliges und scheinbar unstetes Verhalten mit den starken Worten „Ich bin wie ein Teenager, ich habe ein eigenes System. Und fast niemand außer mir kann es verstehen“. Es ist die Hymne der jungen Generation, die nicht ankommen möchte, sondern auf etwas wartet, das sie interessiert. Doch irgendwann kippt es. Es wird weniger in Frage gestellt, sondern akzeptiert.
Bis alle Zweifel weichen
Mit dem Verlust der Illusionen verschwinden auch die Zweifel. „Wir bauen eine neue Stadt“ beschreibt diesen entscheidenden Moment in einer Beziehung zwischen zwei Menschen, an dem der Glaube der Gewissheit weicht. Von dieser scheinbar unmöglichen Paarung handelt dann „Nichts ist schwieriger„, denn „mehr als die Hälfte all derer, die behaupten, sie glauben an dich, wissen doch überhaupt nicht, wie du wirklich bist, was du fühlst, was du vorhast, und um was es dir geht“. Locas in Love hat auf einen Moment von emotionaler Wucht hingearbeitet, der daran erinnert, wie wertvoll jene Menschen sind, die immer noch da sind – trotz all dieser ganzen Sachen, die wir für Fehler halten.
Ich versuche mich selbst immer wieder daran, Gefühle und Gedanken zu beschreiben – sie zu erklären. Ich vergesse immer wieder, dass es anderen ganz genauso geht und bin dann überrascht, welch schöne Worte sie dafür finden. Vor allem aber wusste ich nicht, dass ich mich dir noch näher fühlen konnte, als ich es ohnehin schon tat.
Händchen halten und träumen
Zum Abschluss zündet die Band ein Feuerwerk und feiert diesen Moment im letzten Song mit der Zeile „Da ist ein Licht, das nie ausgeht“ – die sicherlich als Referenz an „There is a Light that never goes out“ von The Smiths verstanden werden kann.
Nicht ohne Grund gibt es wohl auch eine zweite CD mit feiner, explorativer Gitarrenmusik ohne Gesang. Es ist eine große Hilfe nach dieser Reise erst einmal nicht reden zu müssen und auch keinen neuen inhaltlichen Input zu bekommen, sondern einfach nur da liegen zu können und zu träumen.
PS: Für den Herbst hat die Band Nachschub angekündigt. Vorfreude!
Kommentare von Martin