Aus der Ferne ist Berlin ein Kunstwerk. Das ungewöhnliche ist jedoch, dass es aus jeder Perspektive anders aussieht. Dadurch wird Berlin zu einer Art von Projektionsfläche für Träume, Wünsche und Möglichkeiten. Dies ist ein wirklicher Segen für die Stadt, die dadurch zum Magnet wird. Gleichzeitig ist es auch eine Art Fluch, denn diesen Visionen kann und will Berlin gar nicht immer gerecht werden. Je mehr du dich der Stadt näherst, desto unschärfer wird dein Bild von einst. Am Ende kannst du in diesem Quark verloren gehen.

Wer so an Berlin herangeht, ist kein Farbtupfer. Du wirst aufgesogen, vermischt und als graues Einheitsband durch die Mitte der Stadt gezogen. Mit etwas Glück bleibt etwas davon übrig, was die Stadt wieder ausspucken kann.

Ist das Kunst oder kann das weg?

Welche Beschreibung zu Berlin viel besser passt, ist die einer leeren Leinwand und einer Palette vieler Farben. Wenn du dich der Stadt näherst, musst dich entscheiden, ob dich von ihr mitreißen lassen möchtest oder ob du mitgestalten willst. Hier steht niemand mit einem Schild und wartet auf dich. Aber es gibt diese riesige Palette mit vielen Farben. Natürlich gibt es eine Reihe von grellen, schrillen Noten. Es gibt warme und kühle, aber beispielsweise auch pastellige Töne. Es ist sogar Platz für Neon-Beige.

Und dann ist da deine Vision, die du wahrmachen kannst. Alles, was du brauchst, ist eine Stelle, an der du passt. Ein Ort an dem du leben, gestalten und dich verwirklichen kannst, ohne es Arbeit zu nennen. Es ist der Platz an dem dein Farbtupfer zu einem Teil des Kunstwerks wird, ohne dich zu verschlingen.

Leben und leben lassen

Die Magie von Berlin ist, dass du diese Stelle nicht suchen musst, sondern nur bereit sein solltest, sie zu finden. Wer offen ist, kann in dieser Stadt nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Größe sehr leicht leuchten. Es gibt eine Freiheit, die scheinbar grenzenlos ist, weil sie dort endet, wo ganz natürlich die Freiheit des anderen beginnt.

Berlin ist der gelebte Kompromiss einer vielfältigen Gesellschaft. Es ist nicht Toleranz, die Menschen immer noch unterschiedliche Werte zuschreibt. Es auch mehr als Akzeptanz, die passiv den gegenwärtigen Zustand bewahrt. Berlin ist die bedingungslose Liebe gegenüber dieser Vielfalt. Der gelebte Kompromiss wird zum Startpunkt des täglichen Verhandelns, um eine gerechte Mitte auszuloten, bei der niemand zurückgelassen wird.

Diesen gesellschaftlichen Frieden gilt es um jeden Preis zu bewahren. Und jeder Farbtupfer auf der Leinwand stärkt dieses Bild der Stadt. Packen wir es an. Es gibt viel zu tun.

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Video-Link: https://m.youtube.com/watch?v=EcSD0NUgqzM

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